Murmeltiertag
Wenn ich gefragt werde, wie es uns denn so im Lockdown geht, zucke ich in der Regel matt mit den Schultern und antworte: “Na ja … weiß nich … eigentlich okay.”
Was soll ich auch sagen? Es läuft ja okay. Wir haben seit Mitte März einen durchgetakteten Tag — Der Wecker klingelt (vor sieben!), Frühstück, ich gehe an den Schreibtisch, Mann und Tochter machen Hausaufgaben, gehen danach raus. Zwischendrin Videokonferenzen, das Kind wird vor Netflix geparkt. Gemeinsames Mittagessen, Schichtwechsel, mein Mann geht an den Schreibtisch, ich gehe mit dem Kind raus, Essen kochen, vorlesen, Kind ins Bett, Netflix für Mutti und Papi, Licht aus. Der Wecker klingelt …
Wir sind privilegiert
Ich habe das Gefühl, ich darf mich nicht beklagen. Wir sind als Familie in einer ziemlich privilegierten Situation. Mein Mann und ich können uns beim Arbeiten und der Kinderbetreuung abwechseln, haben Rückzugsräume und genug Klopapier. Wir treffen uns auf Distanz mit Freunden zum spazieren gehen im Park und bislang hat auch noch keiner von uns beim Scheidungsanwalt angerufen (das hätte ich wohl mitbekommen).
Die Unsicherheit nagt an mir
Trotzdem werde ich mit jeder Woche Lockdown, die ins Land geht, mürber und mürber. Auf der einen Seite nagt die Unsicherheit an mir — was wird werden, behalte ich meinen Job, wann gibt es wieder Hefe, geht das Kind vor den Sommerferien überhaupt noch mal in die Schule und wann hört der Mist hier endlich auf? Auf der anderen Seite ödet mich die Ereignislosigkeit in unserem Leben an. Ich bin wirklich niemand, der ständig um die Häuser ziehen muss. Aber selbst für eine gemütliche Natur wie mich, die gerne auf dem Sofa sitzt, ist das inzwischen eindeutig zu viel Stubenhockerei. Seit einiger Zeit antworte ich auf die Frage, wie es geht, mit “Tja … wir haben immer Murmeltiertag”. Und da wissen die meisten sofort, was ich meine.
Ein Lichtblick: Das Kind darf wieder in die Schule
Immerhin gibt es inzwischen auch Lichtblicke im täglichen Einerlei: Der Erdbeerstand hat auf! Die Kinderspielplätze haben auf! Ab nächster Woche darf mein Kind wieder in die Schule! Zwar erst einmal nur einen Tag in der Woche und auch ohne Hort. Aber das alles bringt zumindest einen Hauch Normalität ins Leben zurück. Und die habe ich inzwischen extrem vermisst.
Was dann wohl die alten Binsenweisheit bestätigt, dass man erst in dem Augenblick Dinge so richtig vermisst, wenn sie nicht mehr da sind. Das muss ich gleich mal auf Facebook als Sinnspruch posten.
Stay tuned.