Albtraum Barbie

Albtraum Barbie

Es mag man­che über­ra­schen: Als Femi­nis­tin und Kämp­fe­rin für Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit habe ich kein Pro­blem damit, dass meine Toch­ter mit Bar­bie­pup­pen spielt.

Eine Kiste voller Barbies

5 Stück hat sie lange Zeit ihr eigen genannt. In Wor­ten: fünf! Zuge­ge­ben alle­samt geschenkt. Ori­gi­nal, Kopie, sehr bil­li­ge Kopie, Fro­zen-Able­ger, Kind, Hund, Fahr­rad — alles dabei. Die sehr bil­li­ge Kopie, eine Art Fee, ist inzwi­schen im Felde geblie­ben. Sie hatte schon früh einen Flü­gel abge­knickt, den ich noch kle­ben konn­te. Jetzt haben sie das inten­si­ve Spiel mei­nes Kin­des ihre nach­läs­sig zusam­men­ge­steck­ten Beine gekos­tet — aus­ge­renkt und verloren. 

Pinke Träume

Das Inter­es­se mei­ner Toch­ter für ihre Bar­bies kommt erfah­rungs­ge­mäß in Wel­len. Mal sind die Püpp­chen hot, mal not. Aktu­ell sind sie wie­der schwer ange­sagt. Das liegt auch daran, dass das Kind auf Net­flix Bar­bie- und Polly-Pocket-Seri­en guckt. Es bekommt also die volle Dosis pinke Träu­me. Trotz­dem bin ich nicht beun­ru­higt, dass mei­ner Toch­ter mit die­sem Femi­nis­tin­nen-Alb­traum das Gehirn gewa­schen wer­den könnte.

Nicht nur Barbie prägt

Zum einen wird mein Kind nicht nur durch ein­zel­nes Spiel­zeug oder ein­zel­ne Fern­seh­se­ri­en geprägt. Mein Kind spielt auch mit Lego, bas­telt gerne und hat eine Auto­renn­bahn. Je nach Tages­form kommt das eine oder das ande­re zum Zuge. Es guckt auch Oggy und die Kaker­la­ken und Spon­geb­ob. Das ist jetzt nicht gera­de ein femi­nis­ti­sches Gegen­pro­gramm, aber immer­hin wun­der­bar grob und anarchisch. 

Diversität im Kinderzimmer

Mir war es immer wich­tig, dass meine Toch­ter unter­schied­li­ches Spiel­zeug ange­bo­ten bekommt. Autos und Püp­pis. Kin­der­wa­gen und Schwert, Lego und Per­len. Dass wir aller­hand Spiel­zeug von mei­nen Nef­fen abge­staubt haben, hat zusätz­lich gehol­fen, von Anfang an für Diver­si­tät im Kin­der­zim­mer zu sorgen. 

Spielen bis zum umfallen

Zum ande­ren habe ich gemein­sam mit mei­nen Schwes­tern jah­re­lang mit Bar­bie-Pup­pen gespielt. Wort­wört­lich bis zum umfal­len. Unver­ges­sen das eine Weih­nach­ten, als wir unse­re Eltern so ver­stan­den hat­ten, dass wir so lange auf­blei­ben durf­ten wie wir wol­len. Ich schät­ze ich war acht, meine klei­ne Schwes­ter vier, die große zwölf. In mei­ner Erin­ne­rung haben wir damals meh­re­re Pup­pen geschenkt bekom­men. Aller­dings keine Bar­bies, son­dern Disco Girls. Die waren deut­lich flach­bu­si­ger und klei­ner als Bar­bie. Und vor allem waren sie gera­de­zu fort­schritt­lich divers — es gab Britt (blond), Dee (rot­haa­rig), Tia (braun­haa­rig) und mit Domi­no auch eine Schwar­ze Puppe. Wie fort­schritt­lich der Name “Domi­no” für so eine Puppe war, ist gewiss einen eige­nen Blog­bei­trag wert.

DEE VARIENTS

Mehr Barbie geht nicht

Meine Eltern sind schließ­lich schla­fen gegan­gen und wir haben wei­ter gespielt. Irgend­wann war meine klei­ne Schwes­ter mit ihrer Bar­bie in der Hand auf dem Boden ein­ge­schla­fen. Wir ande­ren zwei haben unge­rührt um sie herum gespielt. Plötz­lich stand meine Mut­ter ver­pennt im Tür­rah­men und rief: “Seid ihr noch zu ret­ten?” Wir haben uns dann mau­lend ins Bett getrollt. Dass wir uns im Recht sahen, zähl­te nicht. Was ich mit die­ser Geschich­te sagen will: Mehr Bar­bie spie­len ging quasi nicht. Und aus uns sind auf­rech­te Frau­en und Femi­nis­tin­nen geworden.

Bewegliche Geschlechterrollen

Denn es gibt noch einen wei­te­ren und deut­lich wich­ti­ge­ren Punkt, der Kin­der und vor allem Mäd­chen prägt: Wie Geschlech­ter­rol­len im Fami­li­en­all­tag gelebt wer­den. Mein Kind erlebt, wie mein Mann und ich Sor­ge­ar­beit auf­tei­len. Wie der Men­tal Load offen debat­tiert wird und wie wir am Essen­s­tisch als Eltern die Arbeits­tei­lung aus­han­deln. Män­ner- und Frau­en­rol­len sind in unse­rer Fami­lie ver­gleichs­wei­se beweg­lich. Mein Mann backt Baguette und ich repa­rie­re Stüh­le. Gleich­zei­tig ist das Auto seine Domä­ne und ich ver­arz­te auf­ge­schla­ge­ne Knie. Ich trage gerne Röcke und prah­le beim Kind damit, wie ich mich als Stu­den­tin beim Rugby gerauft habe. Ich biete mei­nem Kind also viele Optio­nen an. Letz­tens kamen meine Toch­ter und ich auf das Thema schmin­ken. Ich selbst benut­ze kein Make-Up, habe ihr aber aber natür­lich ver­si­chert, dass ich es okay finde, wenn sie sich spä­ter schmin­ken möch­te. Ihre Ant­wort hat mir zuge­ge­ben gefal­len: “Wenn, dann nur als Ninjago”.

Barbie kommt — und geht

Bar­bie ist also nur eine Facet­te von vie­len. Und bei wei­tem nicht die wich­tigs­te. In der Zeit, die die­ser Blog-Bei­trag gebraucht hat, sind die Bar­bies schon wie­der abge­mel­det und schla­fen erfah­rungs­ge­mäß die nächs­ten Mona­te vam­pir­gleich im dunk­len Kar­ton. Aktu­ell sind Hunde ange­sagt, vom fern­ge­steu­er­ten Robo­ter-Hund bis zum Plüsch-Ide­fix, den mein Kind auf ihrem Wikin­ger­schild her­um­trägt. Und was folgt danach?

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